Ergebnisse der Kinder- und Armutskonferenz vom 22.10.2016

kuakonferenz_22_10_2016_1Die Situation in MV ist alarmierend: Nach neusten Studien leben mehr als 26 Prozent der Kinder- und Jugendlichen in armen oder armutsgefährdeten Familiensituationen, in Zahlen sind das für Mecklenburg-Vorpommern für das Jahr 2015 ca. 49.092 Kinder unter 18 Jahren, welche auf Grundsicherungsleistungen angewiesen sind! Diese Kinder sind von gesellschaftlicher Teilhabe oft ausgeschlossen, haben geringere Bildungs- und Entwicklungschancen und sind häufiger krank. Betroffen sind vor allem finanzschwache Familien, überschuldete Elternhäuser und insbesondere Alleinerziehende. „Jedes vierte Kind in Mecklenburg-Vorpommern lebt in Kinderarmut. Jedes dieser Kinder ist eines zu viel. Deshalb müssen wir Kinderarmut weiter bekämpfen“, so Jacqueline Bernhardt, Sprecherin des Netzwerkes gegen Kinderarmut.

Anlässlich der Kinder- und Jugendarmutskonferenz ist der Landesverband der Arbeiterwohlfahrt am 22.10.2016 dem Netzwerk gegen Kinderarmut Mecklenburg-Vorpommern beigetreten. „Wir fordern, dass insbesondere auch Kinder-und Jugendarmut zum politischen Thema regelmäßiger Berichterstattung der Landesregierung wird“, sagte AWO-Landesvorsitzender Rudolf Borchert. In die gemeinsame Arbeit will der Sozialverband insbesondere seine langjährigen Erfahrungen und Kompetenzen im Fachgebiet der Kinder- und Jugendhilfe einbringen. „Die AWO möchte gemeinsam mit den Partnern im Netzwerk möglichst viele Menschen für das Problem der Kinderarmut sensibilisieren, denn je weiter die Verarmung und Ausgrenzung von Kindern und ihren Familien voranschreitet, umso stärker sind der soziale Zusammenhalt und letztlich auch die Demokratie gefährdet“, so Borchert.

Jedes von Armut betroffene Kind ist eines zu viel!

Die Auswirkungen von Armut sind insbesondere für die Kinder und Jugendlichen verheerend. Sie sind vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen. Nicht nur das – Armut wirkt sich auf weitere Bereiche ihres Lebens aus: schlechtere Wohnbedingungen bei armutsgefährdeten Familien, kaum oder gar kein Urlaub, eine stark eingeschränkte Mobilität, ungesünderes Essen und unzureichende (Winter)Bekleidung. Auf der Konferenz am 22.10.2016 in Rostock ging es zum einen um die aktuelle Situation und Probleme dieser jungen Menschen sowie um die politischen Rahmenbedingungen. Zudem wollen die Initiatoren konkrete Hilfestellungen für Betroffene geben sowie Lösungen und konkrete Handlungsschritte verabreden.

kuakonferenz_22_10_2016_3Mehr als 60 Personen nahmen an der Konferenz teil und erarbeiteten eine gemeinsame Erklärung für mehr Chancengleichheit. Das „Netzwerk gegen Kinderarmut“ und die Teilnehmer_innen fordern insbesondere die regierende SPD und CDU im Land auf, sich dem Thema Armut in der politischen Arbeit eine besondere Beachtung zu widmen.
Zudem wird ein auf die Regionen bezogene Sozialberichterstattung gefordert, um daraus gezielte Maßnahmen gegen Kinder- und Jugendarmut abzuleiten und nachhaltige Strukturen für ein kind- und jugendgerechtes selbstbestimmtes Aufwachsen initiieren zu können.

Weiter heißt es in der gemeinsamen Erklärung:

Eltern: Alleinerziehende und ihre Kinder sind eine der am stärksten von Armut betroffenen Gruppen. Die ungeteilte Verantwortung alleinsorgender Mütter und Väter sollte auf der Ebene institutioneller Unterstützung besondere Berücksichtigung finden. Unkomplizierte materielle Unterstützung ist dabei genauso wichtig wie die Bereitstellung (bzw. der Ausbau und die Verstetigung) von Hilfen, die Rücksicht auf die besonderen Lebensumstände in Armut lebender Alleinerziehender nehmen.

Kita: Die Teilnehmer_innen der Konferenz und die Mitglieder des Netzwerkes gegen Kinderarmut fordern die Landesregierung auf, gerade bei den 0-6-Jährigen den chancengleichen Bildungszugang unter Anwendung einer deutlich verbesserten Fachkraft- Kind-Relation umzusetzen und die Kita für Eltern kostenfrei zu gestalten.

Schule: Schule heute ist ein Ort der Bildung und der Erziehung. Daher fordern wir die Novelle der KJHG, um die Schulsozialarbeit als ein Teil der Daseinsvorsorge abzusichern und nachhaltig weiter zu fördern. Auch hier muss die Fachkraft- Kind- Relation deutlich verbessert werden. Ausschlaggebend für die Berechnung des Betreuungsschlüssels muss der zu fördernde Aufwand innerhalb einer Schule sein.

Jugend(verbands)arbeit: Wir fordern einen präventiven Ansatz in der Kinder- und Jugendarbeit. Dazu zählt, Strukturen der Kinder- und Jugendarbeit (also alle Orte an denen sich Kinder und Jugendliche organisiert zusammenfinden bzw. einen großen Teil ihrer Zeit freiwillig verbringen) im Land nachhaltig zu fördern.

Netzwerke kommunal stärken: Um die Netzwerkarbeit abzusichern, müssen die Strukturen der Kinder- und Jugendarbeit mit einer Grundförderung ausgestattet werden. Bestehende Netzwerkknoten müssen für eine regionale Jugendhilfe- und Bedarfsplanung gestärkt werden. Wo regional keine Netzwerke existieren müssen sie aufgebaut werden.

Ausbildung: Innerhalb eines Flächenlandes wie Mecklenburg-Vorpommern entstehen oftmals lange Fahrtwege. Diese Wegstrecken sind für junge Menschen meist eine große finanzielle und zeitliche Belastung. Zudem steht die Ausbildungsvergütung oftmals in keinem Verhältnis zu den tatsächlich entstandenen Kosten. Wir fordern daher, dass Fahrt- und Wohnkosten im Rahmen der Berufsausbildung kostenfrei sein müssen.

Soziale Arbeit: Soziale Arbeit ist ein Mehrwert für unsere Gesellschaft. Sie ist wichtig, da entwicklungsschädliche Einflüsse für Heranwachsende kompensiert, Hilfsangebote aufgezeigt und sinnvolle Beteiligungsfelder für Kinder und Jugendliche eröffnet werden. Alle Akteure im Feld der Sozialen Arbeit tragen eine besondere Verantwortung und sind zugleich Vorbilder für die jungen Menschen. Daher fordern wir nachhaltige und auskömmliche Beschäftigungsverhältnisse (möglichst orientiert am TVÖD). Die aktuelle Situation ist untragbar! Denn, wie soll ein prekär Beschäftigter in der Sozialarbeit den jungen Menschen den Mut und die Hoffnung geben, sich aus ihren eigenen prekären Verhältnissen zu befreien?

kuakonferenz_22_10_2016_2Das Netzwerk gegen Kinderarmut versteht sich als unabhängige Initiative gegen Kinder- und Jugendarmut in Mecklenburg-Vorpommern. Mitarbeiten können alle, die die inhaltlichen Ziele des Netzwerkes teilen. Ob Mitarbeiter_innen bei einem Träger der Kinder- und Jugendhilfe, Angestellte, Rentner oder Auszubildende – alle Menschen in MV sind eingeladen, Gesicht gegen Kinderarmut zu zeigen, damit es nicht mehr heißt: Ene mene muh und raus bist Du! Die Regionalgruppe der DL21 MV ist bereits ein aktives Mitglied des Netzwerkes. Weitere Informationen zur Konferenz und zum Netzwerk erhalten Sie unter www.raus-bist-du.de.

Die Regionalgruppe des Forums DL21 in Mecklenburg-Vorpommern ist Mitglied im Netzwerk gegen Kinderarmut.

Ene Mene MuhErklärung des Netzwerkes gegen Kinderarmut
Kinder- und Jugendarmutskonferenz am 22. Oktober 2016 in Rostock

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